Focusing – was ist das eigentlich?

Foto Grit Siwonia

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Beitragsbild mit der Aufschrift „Was ist Focusing?“ und einem runden Porträt einer lächelnden Frau mit weißen Haaren auf Farbstreifen.

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Beitragsbild mit der Aufschrift „Was ist Focusing?“ und einem runden Porträt einer lächelnden Frau mit weißen Haaren auf Farbstreifen.

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Focusing – was ist das eigentlich?

Immer wieder werde ich gefragt: Was ist Focusing genau? Ich schreibe nun schon eine Weile über Focusing und Focusing Coaching. Trotzdem stelle ich fest, dass es nicht leicht ist, einfache Worte zu finden, obwohl Focusing an sich nicht kompliziert ist. Es ist aber eine Methode, mit der du deinen Körper auf ungewohnte Weise in deinen Denk- und Entscheidungsprozesse einbeziehst. Einen unvertrauten Prozess des körperlichen Erlebens so zu beschreiben, dass jeder sofort genau weißt, was gemeint ist, bleibt eine Herausforderung.

Wenn dich das, was du liest, interessiert, kann ich dir also nur raten: Probier es aus. Focusing ist etwas ganz Natürliches, also eine menschliche Fähigkeit. Aber wir haben es leider verlernt durch die Art, wie wir leben.

Das macht Focusing aus? Eine Zusammenfassung:

Focusing ist eine Methode, die deinen Verstand mit deinem
körperlichen Erleben verbindet. Du lernst dabei, auch mit deinem Köper zu denken.

Focusing beginnt in dem Moment, in dem du innehältst,
deine Aufmerksamkeit auf deine Körpermitte lenkst und bemerkst:
Da ist etwas, das du schon wahrnimmst, aber noch nicht in Worte
fassen kannst. Du bleibst bei diesem Empfinden und
achtest darauf, was von dort kommt.

Genau aus diesem vagen Körperempfinden kommen
wichtige Antworten und komplett neue Ideen.
Das kannst du für jede Situation, jede Frage, jedes Problem nutzen.

So verändert sich, wie du entscheidest und handelst.
Denn Veränderung beginnt immer im Erleben und nicht im Kopf.

Was ist Focusing und wie funktioniert es?

Focusing ist eine Methode, mit der du lernst, dein körperliches Erleben als Teil deines Denkens zu nutzen. Dadurch erlebst du Klarheit und innere Gewissheit auch in unübersichtlichen Situationen, was Entscheiden und Handeln für dich deutlich leichter macht.

Beim Focusing trittst du mit deinem Körper auf eine Weise in Beziehung, die die meisten Menschen nicht kennen. Es ist im Kern der Moment, in dem du bei etwas bleibst, das du schon bemerkst, aber noch nicht in Worte fassen kannst. Wenn du Focusing machst, richtest du deine Aufmerksamkeit auf das Körperempfinden, das du in diesem Moment zu der Situation oder dem Thema hast, das dich gerade beschäftigt.

Focusing ist mehr als Bauchgefühl

Vielleicht denkst du jetzt: Ah, verstehe, es geht um das Bauchgefühl. Aber damit wäre nur ein Teil von Focusing beschrieben. Beim Focusing geht es nämlich darum, hinter die Bedeutung dieses komischen, vagen Gefühls zu kommen. Die Methode hilft dir, dieses diffuse Empfinden nicht nur zu haben, sondern es zu entschlüsseln und zu verstehen.

Warum das wichtig ist? Ohne Focusing reagieren die meisten Menschen auf ein komisches Bauchgefühl auf zweierlei Weise: Entweder meiden sie etwas („lieber nicht“). Oder sie setzen sich darüber hinweg und denken später: „Hätte ich mal auf mein Bauchgefühl gehört“.
Solange du die Ursache für dieses vage Empfinden nicht kennst, ist das Risiko jedenfalls groß, dass du dich falsch entscheidest.

Genau hier setzt Focusing-Coaching an. Es unterstützt dich dabei herauszufinden, was dich stört. Denn wenn du weißt, was dich stört, weißt du auch, was du tun kannst, damit aus dem komischen Gefühl Zustimmung wird. Mehr dazu findest du in meinem Artikel „Was ist Focusing-Coaching?“


Im Focusing nennen wir diese diffuse Ahnung Felt Sense

Mithilfe von Focusing wendest du dich also einem diffusen körperlichen Empfinden zu, das du erst einmal nicht in Worte fassen kannst. Dieses Empfinden nennen wir im Focusing Felt Sense. Der Felt Sense ist die Quelle für neue Einsichten und den nächsten guten Schritt.

Focusing hilft dir dabei, ein Körpergefühl, also einen Felt Sense, zu jedem Problem, jedem Thema, jeder Situation, jeder Beziehung zu bekommen. Meistens sind zu den Dingen, die dich beschäftigen, Gefühle und Emotionen da. Aber um die geht es beim Focusing nicht. Beim Focusing beschäftigst du dich nicht mit einzelnen Gedanken, Argumenten oder Gefühlen, sondern mit der Beziehung zu deinem Thema.

Wenn du lange genug bei deinem vagen, oft unauffälligen Körpergefühl bleibst, kommt von dort eine Antwort, ein Impuls, ein ganz neuer Gedanke. Dieses Dabeibleiben ist die größte Schwierigkeit für die meisten Anfänger. Wir müssen im Alltag meistens schnell sein. Deshalb fällt vielen das Innehalten inzwischen richtig schwer.

Was mich persönlich motiviert, wenn es mit dem Langsamwerden mal wieder nicht so gut klappt: Es gibt deutlich mühsamere Wege, zu neuen Erkenntnissen und innerer Gewissheit zu kommen.


Wobei kann dich Focusing konkret unterstützen?

Da der Körper im Zentrum des Prozesses steht, ist Focusing per se eine transformative Methode: Veränderung wird nicht nur im Kopf, sondern auch im Körper erlebt, wodurch die Veränderung stabilisiert und damit nachhaltig wird. Durch die Verbindung von Verstand und implizitem Körperwissen erzeugt Focusing gefühlte Übereinstimmung (Kohärenz) zwischen Verstand, Erfahrung und innerem Erleben – ein Schlüssel für Transformation. Die Transformation entsteht beim Focusing also durch Erleben und nicht durch Analyse.

Du kannst Focusing für jedes x-beliebige Thema nutzen. Besonders hilfreich ist es aus meiner Erfahrung, wenn du:

  • Entscheidungssicherheit gewinnen und bessere Entscheidungen treffen möchtest
  • das Gefühl hast, in einer komplexen Situation festzustecken und du dir Veränderung und Erleichterung wünscht
  • in ungewissen Situationen oder Zeiten Entscheidungen treffen musst, und dir mehr Klarheit und Sicherheit wünscht
  • deine Handlungsspielräume erkennen möchtest, wo du gerade keine siehst
  • mehr Klarheit zu einem Thema möchtest, das dich beschäftigt
  • authentischer Handeln möchtest
  • deine Intuition systematisch nutzen möchtest
  • dir mehr gute, völlig neue Ideen wünscht, die du sonst meist nur bekommst, wenn du eigentlich an etwas ganz anderes denkst
  • das Flüstern deiner inneren Stimme wieder lauter hören möchtest
  • dich selbst (wieder) mehr mitbekommen willst
  • Es hilft dir, innerlich lebendig zu bleiben oder es zu werden

Eine ausführlichere Erklärung findest auch hier in meinem Artikel „16 Situationen, in denen Focusing-Coaching besonders hilfreich ist“.

Mit Focusing findest du innere Gewissheit zu deinen Themen und einen nächsten guten Schritt. Sehr oft bekommst du übrigens ein ganz anderes Ergebnis, als du erwartest. Denn das, was wir uns über uns selbst erzählen, muss nicht unbedingt mit der erlebten Realität übereinstimmen. Unser Verstand führt uns mitunter ganz schön in die Irre.

Bei komplexen Themen findest du vielleicht auch nicht sofort die Antwort, die alles löst. Aber aufgrund seiner Wirkung auf den Körper wirkt Focusing über den eigentlichen Focusingprozess hinaus und verhilft dir so zu der Klarheit, die du dir wünscht.


Woher kommt Focusing?

Focusing wurde in den 1960er-Jahren von Eugene T. Gendlin entwickelt, einem amerikanischen Philosophen und Psychotherapeuten, der an der University of Chicago forschte und lehrte. In Zusammenarbeit mit Carl Rogers, dem Begründer der Klientenzentrierten Psychotherapie, entdeckte er, dass Menschen, die Veränderungen und Krisen gut bewältigen, eine besondere Form der Selbstwahrnehmung haben: Sie beziehen ihre körperlichen Empfindungen in ihr Denken ein.

Aus dieser Erkenntnis entwickelte Gendlin das Focusing. Es ermöglicht jedem, der es praktiziert, dieses körperlich spürbare Wissen bewusst wahrzunehmen und für Denken, Entscheiden und Handeln zu nutzen machen. Wenn du mehr über Gendlin wissen möchtest, findest du hier weitere Informationen.

Der Name der Methode ist aus einem Satz von Gene Gendlin entstanden: „Focusing on ongoing experiences“. Ich hörte meinen Ausbilder immer wieder sagen: „Der Name ist nicht optimal“ und ich finde, er hat sehr recht damit: Die Bedeutung des Wortes ‚Fokussieren‘ ist im Deutschen viel zu eng und beschreibt nur einen kleinen Teil von dem, was wir im Focusing tun.


Was hat es mit dem körperlichen Erleben beim Focusing auf sich?

Im Focusing unterscheiden wir zwischen expliziten und implizitem Wissen. Du kannst dir das ungefähr so vorstellen wie bei einem Eisberg: Tatsächlich ist dir nur ein kleiner Teil deines Wissens bewusst und kognitiv in Worte gefasst – also explizit. Der weitaus größere Teil deines Wissens ist implizit, hat also noch keine Worte Im Focusing nennen wir das „noch nicht gewusst“ oder „vorsprachlich“. Dies ist nicht zu verwechseln mit „Unterbewusstsein“, um das es beim Focusing nicht geht.

Der Eisberg des Wissens: Der kleinste Teil ist explizit

Zu deinem expliziten Wissen gehören auch Gedanken, Gefühle wie z.B. Traurigkeit und auch Körperwahrnehmungen wie Rückenschmerzen. Also alles, was du kennst, leicht in Worte zu fassen und eindeutig zu benennen ist.

Implizit nennen wir das Körperempfinden, um das es uns beim Focusing geht. Also das körperliche Erleben, das wir zu jeder Situation haben. Bei ihm handelt es sich nicht um eine einzelne Wahrnehmung, es ist also nicht sofort und umgehend zu benennen. Es ist vielmehr ein komplexes, lebendiges Geschehen, das ständig Informationen über uns und unsere Situation liefert. Bevor wir etwas in Worte fassen oder verstehen, erleben wir es körperlich. Aus diesem Erleben heraus können wir Bedeutung entdecken – indem wir wahrnehmen, wie etwas auf uns wirkt.


Körperliches Erleben bündelt mehr Information als bewusste Gedanken

Unser kognitiver Verstand kann jeweils nur einen kleinen Ausschnitt einer Situation überblicken.
Das körperliche Erleben dagegen integriert alle Erfahrungen, Emotionen, Bewertungen und Kontextinformationen – auch die, die (noch) nicht sprachlich oder logisch verfügbar sind.
Wenn du innehältst und auf dieses Erleben achtest, hast du Zugang zu einer umfassenderen Informationsquelle. Der nächste gute Schritt entsteht, weil der Körper bereits „weiß“, was stimmig weiterführt, noch bevor du es gedacht hast.


Das Körperliche reagiert auf Bedeutung

Dein Körper spricht zu dir zurück, wie eine Situation für dich gemeint ist – also ihre Bedeutung für dich persönlich.
Wenn du mit dieser Bedeutung in Kontakt kommst, wird deutlich, was dich wirklich betrifft, was dir entspricht, was du vermeiden oder verändern willst.
Dinge, die du dir bereits über deinen Verstand erschlossen hast, können über den Körper und deinen Felt Sense noch einmal eine neue Richtung bekommen. Der nächste Schritt ergibt sich aus dem, was für dich bedeutsam ist.


Kann jeder Focusing lernen oder brauche ich bestimmte Voraussetzungen?

Ich erlebe in meiner Arbeit immer wieder, dass meine Klientinnen zu Beginn etwas verwirrt sind. Das kommt nach meiner Erfahrung daher, dass wir uns beim Focusing dem eigenen Körper auf eine wenig vertraute Art zuwenden: Wir halten inne und richten unsere Aufmerksamkeit auf unsere Körpermitte. „Ist das alles?“ höre ich von Anfängern immer wieder. Aber so einfach sich das auch anhört: Sehr vielen Menschen fällt das am Anfang richtig schwer. Das kommt daher, dass uns modernen Menschen der wirkliche Kontakt zu unserem körperlichen Erleben leider weitgehen verloren gegangen ist.

Die gute Nachricht: Mit etwas Übung kann jede(r) Focusing lernen. Du brauchst lediglich Bereitschaft, innezuhalten und bei etwas zu bleiben, was du schon bemerkst, aber noch nicht benennen kannst. Etwas, das unklar ist und vielleicht auch kaum spürbar. Meistens weniger intensiv als alles, was du schon fühlst, weißt und sagen kannst zu deinem Thema.

Leichter einen Zugang zu Focusing bekommst du, wenn du dich etwas entspannst. Gerade wenn du durch deine Tage hetzt, hilft es, zur Vorbereitung erst einmal etwas langsamer zu werden. Ansonsten wird es dir wahrscheinlich schwerfallen, dein Körperempfinden zu bemerken.

Weitere, ganz konkrete Einsteigertipps für einen guten Focusingprozess kannst du hier in diesem Artikel nachlesen.

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Birgit Krüger

bietet Focusing-Coaching und Training. Ihr Angebot richtet sich an Vielentscheiderinnen, die: durch die Verbindung von Kopf + Körper besser Denken und entscheiden möchten die sich einen systematischen Zugang zu ihrer inneren Gewissheit wünschen die aus innerer Überzeugung leben und arbeiten wollenWeitere Infos findest du hier

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Hallo, ich bin Birgit
Krüger

Ich unterstütze dich dabei, auch in turbulenten Zeiten ruhig und fokussiert zu bleiben. Gerade, wenn du für andere Verantwortung trägst, ist das besonders wichtig: Nur wenn du die Situation klar siehst, erkennst du Handlungsspielräume und kannst auch dein Umfeld unterstützen. Solltest du feststecken, helfe ich dir, den nötigen Freiraum zu schaffen, damit du entschlossen handeln kannst.

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