Schluss mit den Durchhalteparolen

Schluss mit den Durchhalteparolen

Wir alle hoffen, dass es demnächst endlich wieder ruhiger wird im Job. Wird es aber nicht. Auch KI oder neue Kolleg:innen werden daran nichts ändern. Nur wer das akzeptiert, hat die Chance auf einen Neuanfang.

Neue Technologien und Innovationen nehmen uns immer mehr Aufgaben ab. Klingt erst einmal gut. Die Erfindung der Waschmaschine ist ein gutes Beispiel, was in der Realität passiert: In der westlichen Welt sitzt niemand mehr am Ufer eines Flusses und schrubbt seine Wäsche von Hand. Aber ich kenne auch niemanden, der gemütlich neben seiner Waschmaschine sitzt und wartet, bis sie fertig ist.

Trotz technischer Innovationen bleibt der Druck – oder wird sogar stärker. Der Wettlauf um Effizienz und Geschwindigkeit geht weiter, und wir laufen mit. Doch anstatt uns weiterhin an Hoffnungsbotschaften zu klammern und auf eine Veränderung der äußeren Umstände zu hoffen, müssen wir lernen, mit der Situation anders umzugehen. Denn auch wenn es nicht so weitergehen kann, wird es genau so weitergehen.

Warum die Ausnahme zur Regel wird – und bleibt

Nicht nur das Tempo steigt nachweislich weiter. Studien zeigen, dass sich parallel auch unsere Wahrnehmung von Geschwindigkeit und Zeit verändert. So wie Einstein es auch schon gezeigt hatte: Seine Relativitätstheorie macht deutlich, dass Zeit in Abhängigkeit von Geschwindigkeit unterschiedlich erlebt werden kann. Wir sitzen also in der Falle: Das Tempo erhöht sich und dadurch erleben wir die Zeit noch schneller.

Immer häufiger höre ich Führungskräfte sagen, dass es so nicht weitergehen kann. Und dies höre ich nicht nur von ohnehin Unzufriedenen, sondern auch von Führungskräften, die Arbeitgeber, Team und Aufgaben sehr mögen. Aber eine Änderung ist nicht in Sicht – woher auch. Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung gelten als wichtigste Waffen gegen den ebenfalls schlaflosen Wettbewerb.

Reaktionsmuster im Ausnahmezustand

Grundsätzlich reagieren Säugetiere – also auch wir Menschen – auf Extremsituationen alle gleich: Von den Verhaltensmustern „fliehen“, „erstarren“ oder „kämpfen“ haben die meisten schon mal gehört. Was bedeuten diese übertragen auf den täglichen Wahnsinn im Job?

  • ‚Fliehen‘: Kündigen, aussteigen, auswandern? So verlockend das erst einmal klingt, umsetzbar ist es für viele Menschen nicht. Zumindest nicht dauerhaft. Und oft sind Job und Kolleg:innen ja auch zu nett, um einfach alles hinzuschmeißen.
  • ‚Erstarren‘: Wegducken, verharren, resignieren, weil sich ja eh nichts ändert? Das wünscht sich niemand, passiert aber leider häufig. In einer Welt, die permanente Weiterentwicklung fordert, klingt das wie eine Fahrkarte in den Abgrund.
  • ‚Kämpfen‘: Auch wenn Kämpfen gesellschaftlich besser angesehen ist als Flucht oder Starre, komme ich ins Grübeln: Wie verlockend ist es wirklich, immer weiterzumachen, sich zu wehren, sich nicht unterkriegen zu lassen? Ständig zu kämpfen gegen interne und externe Widrigkeiten – jahrelang? Ich kenne nicht wenige Führungskräfte, die immer weiter machen, weil sie ihr Team nicht im Stich lassen wollen. Leider hat dauerhafter Kampf unliebsame Konsequenzen: Er erzeugt den berüchtigten Tunnelblick. Man kann nicht mehr klar denken und trifft weniger (gute) Entscheidungen. Auch die Fähigkeit, Risiken abzuschätzen, leidet in solchen Situationen.

Was wir stattdessen tun könnten

Zum Glück sind wir dem nicht komplett ausgeliefert. Denn irgendwas geht immer. Nur bitte nicht noch mehr vom gleichen ‚Fliehen‘, ‚Kämpfen‘, ‚Erstarren‘! Lasst uns aufhören, uns selbst und anderen etwas vorzumachen. Denn auch wenn es nicht so weitergehen kann, wird es so weiter gehen. Lasst uns also akzeptieren, dass die Welt so ist, wie sie ist.

Die Situation selbst wird sich nicht ändern, wenn wir sie akzeptieren – wohl aber unsere Wahrnehmung. Denn durch Akzeptanz entsteht Abstand. Und den brauchen wir dringend, um neue Wege zu gehen. Denn auch wenn es nicht mehr anders wird, können wir dafür sorgen, dass es für uns besser wird.

Fazit: Akzeptanz als Neuanfang


Es wird nicht ruhiger im Job – der Druck, der Wettbewerb und die immer schneller werdende Zeit werden bleiben. Doch statt uns weiterhin in den alten Mustern wie „Fliehen“, „Erstarren“ oder „Kämpfen“ zu verlieren, sollten wir die Realität endlich annehmen. Wer akzeptiert, dass sich die äußeren Bedingungen nicht ändern werden, kann lernen, mit ihnen klarzukommen. Wir können die Situation nicht kontrollieren, aber wir haben die Macht, unsere Wahrnehmung und den Umgang mit ihr zu verändern.

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Birgit Krüger

bietet Focusing Coaching und Training. Ihr Angebot richtet sich an Entscheiderinnen und Entscheider für: überraschend neue Lösungensichere Entscheidungen auch in komplexen Situationenmehr Handlungsspielraum authentische, wirksame Führung

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Hallo, ich bin Birgit
Krüger

Ich unterstütze dich dabei, auch in turbulenten Zeiten ruhig und fokussiert zu bleiben. Gerade, wenn du für andere Verantwortung trägst, ist das besonders wichtig: Nur wenn du die Situation klar siehst, erkennst du Handlungsspielräume und kannst auch dein Umfeld unterstützen. Solltest du feststecken, helfe ich dir, den nötigen Freiraum zu schaffen, damit du entschlossen handeln kannst.